29.01.2023

Im Blog: Das war unser Radiogottesdienst

Erinnern an den 22. Januar 2023: Wir senden heute live aus dem Bibelzentrum…

Pastorin Nicole Chibici-Revneanu, Leiterin des Bibelzentrums und der “Pommerschen Engelspierken”, erinnert sich:
Etwa vierzig Kinder, Jugendliche und Erwachsene blicken gebannt auf ein kleines grünes Lämpchen. Sie sitzen oder stehen fast unbewegt, es läuft Musik. Nach wenigen, erstaunlich langen Minuten wechselt das Lämpchen endlich die Farbe und wird rot. Großes Auf- und Ausatmen allerorten, erleichtertes Lächeln und viel Geraschel: Die Aufnahme ist beendet, wir können uns wieder so geräuschvoll bewegen, wie wir wollen!
Ja, auch ein Rundfunkgottesdienst ist natürlich ein ganz normaler Gottesdienst, bei dem wir in der vergangenen Stunde gemeinsam gesungen, gebetet, nachgedacht haben. Aber etwas Anspannung ist eben doch dabei, wenn der ganze Gottesdienstraum (in diesem Fall: unsere kleine Hospitalkapelle) voller Mikrofone steht und kleine Lämpchen rot oder grün leuchten, die Musicalsängerinnen und -sänger dicht an dicht stehen und alle aufpassen, dass die Kleinsten unter den Musicalitos hoffentlich nicht an die Mikroständer kommen und ein großes Rundfunk-Gerumpel produzieren…
Das Lämpchen ist aus, der Gottesdienst vorüber. Zeit für ein kleines Dankeschön an alle Mitwirkenden und ein kurzes Durchatmen… denke ich. Aber die Drähte laufen schon heiß, alle Telefone klingeln, ins Mail-Postfach tröpfeln gleichzeitig Nachrichten per Mail und über den Anrufbeantworter. Dass ich nach dem Gottesdienst für etwa eine Stunde telefonisch zur Verfügung stehen soll, das wusste ich. Aber diese Menge an Reaktionen – die kommt überraschend.
Viele sagen oder schreiben Freundliches: Dass der Gottesdienst ihnen gefallen oder gutgetan hat, sie angerührt hat oder sogar begeistert. Manchen Leuten hört man an, dass sie berührt sind – darüber freue ich mich besonders. Einer sagt sogar, dass er den Gottesdienst „schön und liebevoll“ fand. Das ist toll.
Manche haben Fragen: Wo liegt Barth? Was ist ein Bibelzentrum? Können wir die Predigt auch per Post bekommen? Oder die Noten der Musicallieder?
Manchmal heißt es, sinngemäß: Ich habe gerade Ihren Gottesdienst gehört, aber was sagen Sie denn zur Religionspolitik der Regierung / zur Wichtigkeit innerer Erleuchtung / zum Tierschutz / zum Hunger in der Welt / zur Göttlichkeit des Menschen? Alles wichtige Themen – aber gar nicht so leicht, dort einzusteigen, wenn jede Minute weitere Anrufe und Nachrichten kommen und ich eigentlich die Telefonate kurz halten sollte… gut, dass ich auf manches auch später per Mail reagieren kann.
Ein Anrufer hinterfragt genau die Stelle der Predigt, bei der ich auch am längsten überlegt habe und wusste, das bleibt ein bisschen gewagt. Zwei Mal höre ich von Leuten, die sagen: Ich bin wie Tobit. Sie haben sich in der Musicalgeschichte und in der Predigt wiedergefunden und erzählen von ihren Entdeckungen, dass Gott doch immer da war. Wie schön!
Zwei Nachrichten sind harsch – leider beide nur in einseitiger Kommunikation. Das bleibt hängen: Es gibt tatsächlich Leute, die einen Rundfunkgottesdienst hören und anschließend zu Tastatur oder Telefon greifen, um den Einsatz und die Bemühungen anderer Leute abzukanzeln. Das ist auch Kirche. Inhaltlich, das muss ich aber auch sagen, geht es in beiden Nachrichten um Dinge, die wir ganz bewusst in Kauf nehmen. Wir wollen gut verständlich und elementar vom Glauben erzählen – auf die Gefahr hin, dass das jemand mit weniger wohlwollendem Blick infantil findet. Und wir machen tatsächlich Musicals, obwohl wir wissen, dass wir musikalisch alles andere als vollkommen sind. Einfach in der Hoffnung, dass Gott aus den Gaben, die wir mitbringen, schon was Gutes und Gesegnetes machen wird. Und wenn so viele Leute, singende und zuhörende, das auch als etwas Gutes erleben, dann ist können wir das auch trotz gegenteiliger Einzelmeinungen weiterhin tun: Es muss ja keiner zuhören :-).
In den Tagen nach dem Gottesdienst kommen auch noch andere Nachrichten. Gedanken und Fragen von Leuten, die dem Gottesdienst sozusagen nach-gedacht haben. Das ist eine tolle Erfahrung, so viel Resonanz, Anregung, Weiterdenken. Auch darin ist diese Gottesdienst-Erfahrung abenteuerlicher als andere, aber in einer guten Weise.
Allen, die mitgemacht, mitgedacht, mitgeholfen und mit „nachgeklungen“ haben: ein großes Danke! Was für ein Segen, dass wir das gemeinsam erlebt haben! Und was werden wir die nächsten Gottesdienste in der Kapelle entspannt finden… 🙂